Mehr als ein Job!

Mehr als ein Job - Tagebuch einer Begleiterin

Oft werden wir gefragt, was wir eigentlich genau machen und vor allem auch, wieso uns unsere Arbeit so viel Freude macht.
In dieser Rubrik wollen wir Ihnen nun einen Einblick in unsere alltägliche Arbeit im VBB Begleitservice geben. Wir sind die mit den roten Jacken, die an jedem Tag in den Bussen und Bahnen dieser Stadt unterwegs sind und Fahrgäste, die auf Grund einer Mobilitätseinschränkung Hilfe benötigen, von zu Hause abholen und mit dem Berliner Nahverkehr an ihr gewünschtes Ziel begleiten.

Unsere Episoden

An einem sonnigen Dienstagnachmittag hatte ich die Aufgabe, eine ältere Dame im Rollstuhl zu begleiten. Für mich war es eine Neukundin und für sie die 1. Begleitung mit dem Bus & Bahn-Begleitservice des VBB.
 
Zu meinen Vorbereitungen gehört es auch, vorher die Fahrt auf eventuelle Aufzugsstörungen auf der Fahrstrecke der Kundin zu überprüfen. Kurz vor dem Start, um 13:45 Uhr, waren alle Aufzüge auf der Route intakt. So schlug ich meiner Kundin nach der Begrüßung, Vorstellung und Absprache aller Einzelheiten, eine optimale barrierefreie Route mit der Linie U8 vor.

Um 14:05 Uhr machten wir uns gemeinsam auf den Weg. Am U-Bahnhof Rathaus Reinickendorf dann eine Überraschung: Der Aufzug ist defekt. Vor einer halben Stunde war er noch einsatzbereit. Meine Kundin sagte: „Jetzt kann ich wohl meinen Termin absagen!?“ „Nein“ erwiderte ich. „Wir haben zwei Alternativen: Die erste Variante: Wir fahren mit dem Bus bis zum Kurt-Schumacher-Platz und dann weiter mit dem 128er Bus bis zur Osloer Straße. Dafür benötigen wir dann gute 40 Minuten + Fußweg. Oder Variante zwei: Wir bestellen uns den Muva-Rufbus, dieser bringt uns zur Osloer Straße“. 

Sie war anfangs skeptisch. Nachdem ich ihr den Handlungsablauf erläuterte, stimmte sie zu, den Muva-Rufbus zu testen. Mit ihrem Handy wählten wir die Telefonnummer 030 256 555 55, wie im Aushang am Aufzug ausgewiesen. Eine freundliche Männerstimme begrüßte uns und fragte, wie er helfen kann. Auf Wunsch der Kundin übernahm ich das Telefonat und trug ihm unser Anliegen und Problem vor. „Kein Problem“ sagte der Herr. „Ich bestelle Ihnen den Muva-Rufbus, wenn Sie möchten. Dazu muss ich vorher kurz Ihre Kundendaten mit Ihre Zustimmung erfassen und dann kann es losgehen“. Meine Kundin stimmte zu und nach drei Minuten hatten wir die Buchung abgeschlossen.

Der Herr am Telefon bedankte sich für die Buchung und sagte uns, wir würden gleich eine Bestätigung per SMS auf das Handy bekommen. Die Bestätigung der Buchung  ging auch gleich danach ein. Zuvor hatte er uns noch den genauen Standort der Muva-Haltestelle mitgeteilt.
Weitere vier Minuten später sahen wir auch schon den schwarz gelben Muva-Rufbus kommen.

Nach Ankunft des Fahrzeugs stellte sich der Fahrer kurz vor und erkundigte sich, ob wir seine Buchungsfahrgäste sind. Daraufhin bereitete der Fahrer alles für die Verankerung des Rollstuhls vor. Wir stiegen beide ein (Kundin im Rollstuhl sitzend) und die Fahrt begann. Pünktlich erreichten wir unser Ziel an der Osloer Straße und bedankten uns für den Service. Auf die Frage der Kundin nach den Kosten, sagte der Fahrer, dass dies ein kostenloser Service der BVG ist. Als wir beim Arzt pünktlich zum Termin der Kundin eintrafen, sagte sie zu mir: „So viel Mühe nur für mich! Und fahren wir zurück auch wieder so?“ „Ja, sagte ich, wenn die Störung noch nicht behoben ist, und Sie das möchten, dann fahren wir genauso wieder zurück“. 

„Der Bus ist schon eine tolle Hilfe, wenn der Aufzug defekt ist. Hoffentlich haben auch alle ein Handy...“, meinte die Kundin, und das hoffe ich auch.

An der Wohnungstür verabschiedete ich mich von der Kundin, wünschte ihr noch einen schönen Tag und begab mich in den Feierabend, mit dem guten Gefühl, einer weiteren Kundin geholfen, und dabei noch gemeinsam den Muva-Bus getestet zu haben. Ohne den Rufbus hätte die Kundin, trotz unserer Hilfe, Ihren Termin nicht geschafft.

Auf meiner 1. Begleitung an diesem Tag geriet meine Kundin auf dem Weg zum Arzt in Nöten. Was ist passiert?

Meine Kundin und ich waren schon etwa eine Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und erreichten gerade unsere Zielhaltestelle. Sie sagte mir, dass sie schon seit längerem einen Druck auf der Blase verspürte und nun einschätzt, dass sie es nicht rechtzeitig zur Toilette beim Arzt schaffen würde. Und ob ich eine Lösung für ihren Notfall habe?

Da meine Kundin mit dem Rollator sehr langsam unterwegs ist, musste ich schnell eine Lösung finden. Jetzt war meine Erfahrung in der Begleitung gefragt. Dank meiner Ortskenntnisse wusste ich, dass sich keine öffentliche Toilette oder Gaststätte in unmittelbarer Nähe befand. Aber ich wusste, dass es auf der anderen Straßenseite eine Gesundheits- und Sozialberatungsstelle gab. Nach kurzer Absprache mit meiner Kundin wechselten wir die Straßenseite und trugen unsere Notfallsituation in der Beratungsstelle vor. Ohne zu zögern zeigte man uns den Weg zur Toilette. Sichtlich erleichtert, mit einem Lächeln und gut gelaunt und den Worten „Danke für die Hilfe! Jetzt fühle ich mich wieder gut.“ kam mir meine Kundin entgegen.

Wir beide bedankten uns für die schnelle und unkomplizierte Hilfe in dieser Situation bei der Mitarbeiterin an der Rezeption der Beratungsstelle. Trotz der kleinen Unterbrechung erreichten wir noch pünktlich den Arzt zum vorgesehenen Behandlungstermin, auch dank unserer Pufferzeiten für die Wegstrecke vom Startpunkt zum Ziel. Denn unverhoffte Zwischenfälle wie diese oder Zug- und Busverspätungen oder gar Ausfälle können immer mal vorkommen. Die Rückbegleitung vom Arzt nach Hause erfolgte dann innerhalb von 45 Minuten ohne weiteren Zwischenfall. Zuhause angekommen bedankte sich meine Kundin nochmal bei mir für die Idee mit der Beratungsstelle.

Dann ging es mit Elan zum nächsten Auftrag. Mal sehen was mich dort erwartet, ging es mir durch den Kopf. Aber das ist das Schöne an meiner Arbeit, anderen Menschen helfen zu können. Ich liebe diese Herausforderungen. 

Mein erster Auftrag an diesem Tag sollte gleich eine Überraschung für mich als erfahrenen Begleiter bereithalten. Bei der Auftragsübergabe in der Einsatzleitung des Begleitservice wurden mir die relevanten Eckdaten übergeben. Daraus ging hervor, dass ich einen Neukunden begleiten werde, der nach einem Schlaganfall mit dem Rollator unterwegs ist und nun eine Begleitung wünscht.

Pünktlich zur vereinbarten Abholzeit traf ich den Kunden und stellte mich und unseren Begleitservice zu Beginn kurz vor. Das ist mir wichtig, da ich gute Kommunikation als Voraussetzung für eine erfolgreiche Begleitung ansehe. Vor allem bei Neukunden ist eine genaue Absprache über die gewünschte Hilfestellung und Unterstützung sehr entscheidend, um sich auf eventuelle Besonderheiten einzustellen.

So auch jetzt. Im Zuge unseres Gesprächs erfuhr ich wichtige Details für die Begleitung und den Wunsch des Kunden, möglichst viel alleine zu machen, um die Selbstständigkeit weitestgehend zu wahren. Auf Grund der leichten Lähmung seiner linken Körperseite kann er nur den rechten Arm benutzen. Zu meiner Überraschung setzte er seinen Rollator als Gehstock ein! Er lief neben dem Rollator her und hielt sich am linken Haltegriff seines Rollators fest. Somit hatte er die notwendige Kontrolle beim Gehen.

Und wie genau sollte die Hilfe beim Ein- und Ausstieg aussehen? Der Kunde erläuterte mir sehr genau, wie ich ihn beim Einsteigen stützen soll und wie wir den Rollator gemeinsam in den Bus heben. Am besten ist in so einem Fall, schnell einen Sitzplatz in der Nähe der Tür zu finden. Das ist wichtig, da der Kunde alleine nicht lange stehen kann und rechtzeitig sitzen muss, um beim Losfahren des Busses nicht zu stürzen. Gemeinsam sprachen wir uns Mut und Zuversicht zu.

Als Nächstes ging es darum, die Route ganz genau zu besprechen. Dazu machte ich ihm einen Vorschlag. In diesem Fall hatte sich mein Kunde jedoch gründlich vorbereitet und teilte mir seine Wunschroute mit. Also konzentrierte ich mich ganz auf die Begleitung, die für mich etwas herausfordernd war – nicht jeden Tag wird ein Rollator als Gehstock benutzt. Somit war es auch für mich eine völlig neue Begleitung. Man lernt eben nie aus!

Auf unserer gemeinsamen Reise mit Bus und S-Bahn erzählte mir mein Kunde aus seinem Leben und wir tauschten uns über die neuesten Nachrichten aus. Es wurde ein anregendes und informatives Gespräch, das wir beide sehr genossen.

Nachdem mein Begleit-Auftrag beendet war, informierte ich die Einsatzleitung über die Besonderheiten einer Begleitung mit einem Rollator, der als Gehstock eingesetzt wird!

Als mir die Leitung den Auftrag für den heutigen Einsatz überreichte, ahnte ich noch nicht, wie emotional der Tag werden würde.
Alles klar – ich begleite eine Kundin, die auf einen Rollstuhl angewiesen und an Demenz erkrankt ist. Nach gründlicher Sichtung der Route mit Start- und Zieladresse und den dazu gehörigen Zeiten, starte ich meine Fahrt zu ihr.  

Pünktlich zur vereinbarten Abholzeit klingle ich und stelle mich bei der Kundin und ihrem Sohn vor, der heute seine Mutter gemeinsam mit mir begleiten wird.
Zunächst besprechen wir die Route, die wir mit den Bussen der Linien 165 und 170 bewältigen und kontrollieren die Funktionsfähigkeit des Rollstuhls. Dabei informiert mich der Sohn über den aktuellen Gesundheitsstand seiner Mutter, der es heute nicht besonders gut geht. Sie ist ein wenig versunken in einer anderen Welt und nicht sehr gesprächsfreudig. Es brauchte keine Entschuldigung des Sohnes, machte aber deutlich, wie diese Situation ihn beschäftigt. Wie gut, dass ich ihn heute ein wenig entlasten kann.
Ich danke ihm für die Infos und los geht die Begleitung.
 
Wechsel vom Bus 165 in den Bus 170
Wir steigen an der Haltestelle Baumschulenstraße/Köpenicker Landstraße vom Bus 165 in den Bus 170 um.
Bis dahin verläuft alles wie vom Sohn vorhergesagt. Die Kundin reagiert nicht auf ihr Umfeld und Versuche der Gesprächsaufnahme bleiben erfolglos.
Auf meine Frage, ob alles in Ordnung ist, nickt sie nur kurz. Der Sohn ist während unserer Fahrt in sein Handy vertieft.

Sirenenalarm und Blaulicht
So wäre wahrscheinlich auch der Rest der Begleitung verlaufen, wenn da nicht plötzlich ein Martinshorn ertönen und immer lauter werden würde. Die Feuerwehr überholt unseren Bus in schneller Fahrt mit Blaulicht auf Höhe der Haarlemer Straße.
Dies weckt nicht nur die Aufmerksamkeit der Fahrgäste, sondern auch die meiner Kundin.
Der akustische und optische Reiz löst meine Kundin aus ihrer Versunkenheit und aktiviert gleichzeitig ihr Erinnerungsvermögen. Sie begibt sich mit uns auf eine Reise in die Vergangenheit.
So erzählt sie mir, dass sie mit dem Krankenwagen und mit Blaulicht zur Entbindung ihres Sohnes gefahren wurde. Beim Passieren des Hindu-Tempels in der Blaschkoallee, erkennt sie auf einmal ihre alte Heimat wieder, wo sie als Jugendliche aufgewachsen ist und gaaaanz viel erlebt hat. Man merkt ihr an, dass sie in ihren Gedanken ganz dort ist und wir freuen uns mit ihr.
Ab diesem Zeitpunkt verfolgt meine Kundin aufmerksam das Geschehen auf der Straße und blickt dabei aus dem Fenster.
Das Eis war von da an gebrochen. Auch ihr Sohn beteiligt sich nun an unserer momentanen Reise durch die Vergangenheit.

Die Reise ist für heute beendet
Wir befinden uns auf den letzten Metern und erreichen schlussendlich unser Ziel, die Kirchengemeinde Rosenkranz in Steglitz.
Mutter und Sohn verabschieden sich von mir und bedanken sich für die schöne Reise. Sie wünschen mir alles Gute für meine Zukunft sowie Gesundheit.
Wenn ein Martinshorn auch mal schöne Erinnerungen weckt, dann ist das doch toll.

Auf zum nächsten Auftrag!

Beim VBB-Begleitdienst erlebt man immer wieder Neues.

Neulich wurde ich gefragt, ob ich ausnahmsweise eine blinde Kundin ganztags zur Deutschen Meisterschaft im Blindentennis begleiten würde! Ein Angehöriger von ihr würde teilnehmen und die Kundin hat bei uns angefragt, ob es irgendwie eine Möglichkeit gäbe, sie dahin zu begleiten. Im Rahmen unserer täglichen und auch kurzfristigen Begleitungen ist das natürlich nicht möglich. Aber freiwillig und am freien Tag, warum nicht?

Ich musste nicht lange überlegen und an diesem freien Tag hatte ich auch nichts anders vor. Morgens früh los und abends spät zurück, das habe ich schon oft im Leben gemacht. Und mit der Kundin war ich schon mal unterwegs und wir haben uns gut verstanden. Später habe ich mir doch ein bisschen Sorgen gemacht: Was ist mit dem öffentlichen Nahverkehr in einer anderen Stadt, wo ich mich nicht auskenne? Und kann ich mich bei einer sportlichen Großveranstaltung so gut orientieren, dass ich die Kundin auch wirklich gut begleiten kann?

Ich hätte mir keine Sorgen machen müssen. Wie immer habe ich eine sorgfältig vorbereitete Route mit auf den Weg bekommen. Es kann einen wundern, dass es Blindentennis überhaupt gibt - aber mich wundert mittlerweile gar nichts mehr. Man darf darüber nur nicht vergessen, wie schwierig es ist... Deshalb war ich erstaunt, aber erleichtert, als sich die "Großveranstaltung" als sehr überschaubar entpuppte. Und: 'Oooh, die hauen ja dauernd daneben!' Nein, wie Wimbledon sah das echt nicht aus. Aber nach einer Weile hat mich das Spiel gepackt. Man muss etwas länger hinschauen und sich bewusst machen, dass die Spieler nichts sehen. Man muss sich vorstellen, wie sie die Linien tasten, den Ball mit dem kleinen Glöckchen drin hören und den Raum, in dem sie sich bewegen, im Kopf abbilden.

Nach dem Spiel hat mir der Angehörige meiner Kundin erzählt, dass er ein Jahr gebraucht hat, bis er das erste Mal den Ball getroffen hat. Wow! Wo nimmt man denn bloß die Geduld her, es immer wieder zu versuchen? Noch etwas habe ich erst hinterher verstanden: Als er zum Parkplatz ging, den Langstock in der einen Hand, den Rollkoffer in der anderen, vor sich die Gruppe, mit der er zurückfahren konnte. Ich lief hinterher, um meine Hilfe anzubieten und merkte: Er braucht dafür gar keine Hilfe.

09:45 Uhr: Auf dem Weg zur Jungfernfahrt
Heute, am Mittwoch erwartet mich eine Neuheit für den Begleitservice. Eine Kundin wird von der 1. Etage mit dem Scalamobil 21 Treppenstufen mit ihrem Rollstuhl nach unten auf die Straße begleitet und mit dem Rollstuhl zur Physiotherapie und zurück begleitet.
 

10:15 Uhr: Übung macht den Meister
Eine Stunde früher treffe ich bei der Kundin ein, nicht wie sonst zum Abholtermin. Es ist aber mit der Kundin so abgesprochen, denn heute erfolgt die erste Begleitung mit dem Scalamobil. Dazu hatte ich am Montag eine Unterweisung in der Handhabung und Anwendung dieses Gerätes. Das Scalamobil nimmt Huckepack den Rollstuhl mit den Kunden auf und befördert beide mit unserer Hilfestellung sicher nach unten und wieder nach oben in die Wohnung.
Nach der Begrüßung prüfe ich den Ladezustand des Scalamobils und stelle die Betriebsbereitschaft mit den entsprechenden Einstellungen her. Dazu arbeite ich die mir vermittelte Checkliste ab.
Bevor ich meine Kundin aber das erste Mal nach unten führe, teste ich als Lehrfahrt das Gerät und festige somit auch meine Sicherheit im Umgang mit dem  Scalamobil. Denn mit der Kundin darf mir kein Fehler unterlaufen.
Hier ist die Besonderheit des engen Treppenhauses mit 21 Stufen und zwei schmalen Zwischenpodesten.

 
11:00 Uhr: Generalprobe geglückt
Meine Kundin beobachte mich bei der Probefahrt und sprach mir vollstes Vertrauen aus, bevor sie im Rollstuhl mit dem Scalamobil platz nahm.
Dann wurde es Ernst für mich. Ich setzte das Scalamobil Treppab in Bewegung.
Die erste Hürde (Stufe) war genommen. Alles lief wie im gesehenen Lehrfilm und mir fiel ein Stein vom Herzen. Nach der 21 Stufe atmete ich durch. Meine Jungfernfahrt ist geglückt und meine Kundin gratulierte mich für die gelungene Treppenfahrt.
Dies stellt für sie eine enorme Erleichterung dar. Denn bisher musste sie die 21 Stufen mit unserer Hilfe nach unten zu steigen, was für sie eine immense körperliche Anstrengung über 30 min bedeutete. Jetzt, mit der Treppenhilfe muss sie sich dieser körperlichen Anstrengung nicht mehr aussetzen um nach draußen zu kommen. Ein Stück mehr Gewinn an Lebensqualität. In 5 min. waren wir vor dem Haus.
 

11:10 Uhr: Beginn der eigentlichen Rollstuhlbegleitung
Räder am Rollstuhl wieder anbauen und das Scalamobil aus der Verankerung mit dem Rollstuhl lösen und ihn sicher im Hausflur anschließen.
Alle Absprachen über die Modalitäten der Begleitung sind getroffen und die 1,2 km Rollstuhlbegleitung unter Nutzung des ÖPNV beginnt.
 

11:45 Uhr: Pünktlich sind wir am Ziel
Auf dem Weg zur Behandlung wurden trotz Mundschutz wieder interessante Themen angesprochen auch über die Erleichterung die dieses Gerät mit sich bringt.
 

13:00 Uhr: Rückbegleitung
Pünktlich hole ich meine Kundin wieder von der Behandlung ab und wir machen uns auf den Weg zur Rückbegleitung.


13:30 Uhr: Treppauf, der zweite Teil
Gut gelaunt bereite ich das Scalamobil für den Aufstieg vor. Meine Aufmerksamkeit ist voll auf das Scalamobil und dessen Handhabung und das Wohlbefinden der Kundin konzentriert.
Ich betätige den Fahrschalter und los geht es.
Hurra! Nach 21 Treppenstufen habe ich (wir) es geschafft. Meine erste Begleitung mit dem Scalamobil. Meine Anspannung geht in ein breites Grinsen über. Frau A., meine Kundin, gratuliert und lobt mich für die sichere Begleitung.

Da sind sie wieder, diese Momente die einem das Gefühl geben, du hast was gutes getan und wir als Begleitservice werden gebraucht.
Als nächstes die Räder am Rollstuhl befestigen und das Scalamobil von der Halterung lösen. Dann es wieder bei der Kundin verstauen, sowie an die Stromversorgung anschließen.


13:45 Uhr: Weitergabe meiner neuen Kenntnisse und Erfahrungen
Ich verabschiede mich von der Kundin in Coronazeitalter per Ellenbogenschlag und wünsche ihr noch einen schönen Tag.
Mit dieser erfolgreichen Begleitung können wir einen neuen Kundenkreis erreichen, die ebenfalls im Besitz eines Treppenliftes sind. Ich werde meine gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen am meine Kolleg|innen weitergeben, denn dieses Gerät verhilft Menschen mit Behinderung wieder zu mehr Mobilität. Die Barriere Treppe für Menschen die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, gehört der Vergangenheit an, jedenfalls für diesen Weg aus der Wohnung auf die Strasse, wenn es kein Fahrstuhl gibt.

10:10 Uhr: Vorfreude ist die schönste Freude
Nach ordnungsgemäßer Durchführung meines 1. Tageseinsatzes, bin ich auf dem Weg zu meinem 2. Auftrag nach Pankow. Ich freue mich schon sehr auf diese Rollstuhlkundin. Nach einer durch Corona bedingten Zwangspause von 12 Wochen begleite ich eine unserer ersten Kundinnen seit Gründung des VBB-Begleitservice im Herbst 2008. Ihre Erstbegleitung erfolgte am 02.06.2009. Seitdem begleiten wir sie nach einem Schlaganfall immer mal wieder, oft zur Ergo- oder Physiotherapie.
Bei dieser Begleitung gibt es zwei Herausforderungen: Erstens: Absicherung der Kundin beim Treppensteigen (hoch / runter) der 21 Stufen von der 1. Etage zur Straße. Zweitens: Die eigentliche Begleitung der Kundin mit dem Rollstuhl. Besonders bei der Hilfestellung beim Treppensteigen darf keine Routine auftreten, sondern wird die volle Aufmerksamkeit verlangt.
 

11:15 Uhr: Herzliche Begrüßung durch Ellenbogentouch
Beim Eintreffen am Abholort um 11:05 Uhr hatte ich Glück. Eine Bewohnerin des Hauses öffnete mir die Tür. So konnte ich die verbleibende Zeit bis zum Abholungstermin gleich nutzen und die Einsatzbereitschaft des Rollstuhls prüfen. Er steht immer angeschlossen im Hausflur gleich neben dem Eingang.
 

11:20 Uhr: 21 Stufen der Ewigkeit
Jetzt beginnt meine „begleiterische“ Arbeit. Vorher habe ich mit der Kundin noch die Einzelheiten der heutigen Begleitung abgesprochen. Ich schließe den Rollstuhl im Eingang ab und stelle ihn bereit. Dann begebe ich mich wieder zur Kundin und der Abstieg beginnt. Nach einer längeren Corona-Pause fällt es ihr schwer, die Schritte zu setzen. Sie sagt: "Wer rastet der rostet!" Und, "Immer was Neues und nichts Gescheites!" Diese Sprüche beziehen sich auf ihre Erkrankung. Besonders den linken Fuß kann sie nur sehr schwer kontrollieren. Sie sagt dann immer "Mein Fuß klebt heute aber wieder fest!" Dann stehen wir auch schon am Treppengelände und zum Abstieg bereit. Dazu fährt sie ihren "Affenarm" aus (so nennt sie ihren linken Arm, denn mit der Hand kann sie nicht mehr voll zugreifen), um sich dort festzuhalten. Jetzt setzt sie den rechten Fuß eine Stufe tiefer, um dann den linken Fuß folgen zu lassen. Dies muss man sich vorstellen wie in Zeitlupentempo. Die 1. Stufe von 21 ist geschafft. Meine Aufgabe ist nun die Absicherung: Sollten meine Kundin die Kräfte verlassen, muss ich sofort stützend zur Stelle sein, um einen Sturz zu verhindern. Einmal hat sie zu mir gesagt: "Sie wollen ja nur, dass ich in ihren Arme liege. Aber diesen Gefallen tue ich ihnen nicht!"

Nach 16 Stufen merke ich, dass es ihr immer schwerer fällt. Ich lobe sie für ihre bisherige Leistung und biete ihr schnell an, den Rollstuhl auf das letzte Zwischenpodest zu stellen um sich zu setzen, um etwas zu verschnaufen. "Gerne", sagt sie. Gesagt - getan! Dann nehmen wir die letzten Stufen in Angriff. Geschafft! Wieder zeigte die Kundin eine enorme Willenskraft und Stärke, um die Treppe noch selbst zu bewältigen. Dies und ihre flotten Sprüche machen sie so sympathisch, das ist ihre bewundernswerte Art, wie sie mit ihrer Erkrankung umgeht.


12:00 Uhr: Beginn der Rollstuhlbegleitung
Vor uns liegt eine 1,2 km lange Wegstrecke bis zur Physiotherapie. Den Weg kennen wir beide genau und dazu lacht die Sonne. Auf der Begleitung sprechen wir über aktuelle und persönliche Themen. Gut gelaunt kommen wir in der Praxis an. Noch 3 Stufen und wir sind da.
 

12:30 Uhr: Pause
Jetzt verbleiben mir gut 30 Minuten zur Erholung. Dazu werde ich in den naheliegenden Rosenpark gehen, eben das Praktische mit dem Nützlichen verbinden.
 

13:00 Uhr: Rückbegleitung
Pünktlich hole ich meine Kundin wieder von der Behandlung ab und gemeinsam machen uns auf den Weg zur Rückbegleitung. Dazu schlage ich meiner Kundin vor, einen kleinen Umweg durch den Rosengarten zu nehmen. Sie freute sich, konnte sie doch 10 Wochen ihre Wohnung nicht verlassen.
 

13:30 Uhr: Die Besteigung des Olymps
Als letzte Herausforderung steht nun der Aufstieg in die Wohnung in der 1. Etage an.
Die Physiotherapie zeigt ihre positive Wirkung. Der Bewegungsablauf ist jetzt viel flüssiger als noch vor zwei Stunden. Gut gelaunt erreichen wir ihre Wohnungstür. Zumal diese Anstrengung für die Kundin wohl das letzte Mal in der Form so gewesen sein wird. Denn ab der nächsten Begleitung wird ein Scalamobil zum Einsatz kommen. Dies ist eine Vorrichtung (Plattform) die als Träger für den Rollstuhl dient, also quasi Huckepack den Rollstuhl mit den Kunden aufnimmt und ihn unter Absicherung durch eine Begleitung sicher nach unten befördert.
 

14:10 Uhr: Verabschiedung
Jetzt noch schnell den Rollstuhl im Flur anschließen, bevor ich mich von der Kundin per Ellenbogentouch verabschiede. Ich freue mich schon auf die nächste Begleitung.
Nun noch das erfolgreiche Ende der Begleitung der Einsatzzentrale melden und dann habe ich nach einen anstrengenden aber erlebnisreichen Tag Feierabend.

10:30 Uhr: Planänderung
Ich bin auf den Weg in die Einsatzzentrale. Das Arbeitshandy klingelt: Die Begleitung verschiebt sich um zwei Stunden, die Kundin hat den Zug verpasst.

In der EZ wird mir die Besonderheit des Auftrags erklärt: Eine Frau mit Kinderwagen, Tragetuch, Koffer UND zwei kleinen Kindern kommt mit dem ICE aus Bayern am Bahnhof Südkreuz an und muss zum Regio Richtung Falkenberg/Elster, innerhalb von 20 Minuten.
Offensichtlich eine Herausforderung ohne Ortskenntnisse und mit Zeitdruck. Dann noch 2 Kinder, 1 Kinderwagen und Gepäck – da ist Hilfe nötig. Von dem Auftraggeber bekommen wir  die Nummer des Zuges, die des Wagens und die Ankunftszeit. Unsere Router suchen die Gleisnummern raus. So habe ich alle wichtigen Informationen parat und mache mich auf den Weg.
 

12:30 Uhr: Freundliche Übernahme
Der Bahnhof Südkreuz ist ein übersichtlicher Ort: Zusätzlich zu den vielen Buslinien an beiden Eingängen, mit Einkaufsmöglichkeiten und Taxistandplätzen fährt im oberen Bereich die Ringbahn und einige Ost/West-Verbindungen der S-Bahn, im unteren Teil die Züge der DB und anderer Anbieter, und die Nord/Süd S-Bahn Strecken, verteilt auf 8 Gleise. Im oberen Teil sind die Gleisnummern samt Ankunftszeiten hervorragend ausgezeichnet!

10 Minuten vor Ankunft meiner Kundin bin ich auf dem entsprechenden Gleis und schaue auf der Info-Tafel, wo ungefähr der Wagen hält, in dem sich meine Kunden befinden. Als der Zug hält und die Türen sich öffnen, sehe ich einen Herrn, der einen Kinderwagen rausträgt. Eine junge Frau mit einem kleinen Jungen vorm Bauch und einer ca. Vierjährigen an der Hand kommen hinterher. Ich spreche Sie an und frage, ob sie meine Kundin ist, angespannt bejaht sie. Der nette Mann holt nun einen sehr großen Rollkoffer aus dem ICE, verabschiedet sich und steigt wieder ein. Er ist wohl ein anderer Fahrgast.

Das kleine Mädchen im hübschen Sommerkleidchen beäugt mich schüchtern. Ich zwinkere ihr zu. Die Mutter wirkt müde, holt ihren Fahrplan aus der Tasche und erklärt mir mit ein wenig Deutsch, dass sie in einen anderen Zug umsteigen muss. Ich bestätige ihr dies, versuche beruhigend auf sie einzuwirken und zeige auf das gegenüber liegende Gleis und den Fahrstuhl.

So rollen wir los und sind dank funktionierender Fahrstühle nach knapp 10 Minuten auf dem neuen Bahnsteig. Auch da orientiere ich mich, diesmal an der oberen Ankunftsanzeige, in welchem Gleisbereich der Zug hält. Eher am Anfang oder am Ende des Bahnsteigs? Die junge Frau taut auf. Während sie ein kurzes Telefonat führt, tobt die Kleine nun los, endlich freilaufen und nicht mehr sitzen zu müssen.
 

13:00 Uhr: Eine Kleinfamilie in einen Zug bekommen
Doch schon fährt der erwartete Regio in den Bahnhof ein. Auf meinem Auftragsblatt steht auch, dass ich den Zugbegleiter informieren soll, wann die Kundin aussteigen muss, damit er ihr behilflich sein kann.  Aber erstmal die Kleinfamilie in den Zug bekommen. Denn ein Radfahrer auch mit reichlich Gepäck steigt vor uns ein. Wir benötigen seine Hilfe, denn ich habe den Koffer, die junge Frau und ihre Kinder. Der Radfahrer holt den Kinderwagen rein.
Schnell verabschiede ich mich, bedanke mich bei dem freundlichen Helfer und hüpfe raus, denn nach Falkenberg wollte ich heute nicht.

Stattdessen suche ich draußen auf dem Bahnsteig nach dem Zugbegleiter. Und finde eine Dame mit passender Kleidung, allerdings auch mit Koffer. Ja, sie hat hier Schluss, doch der zuständige Kollege sitzt da im Wagen mit der Kaffeetasse drauf. Die Zeit läuft, der Zug fährt gleich ab! Ich sehe von draußen den Herren in einer Glasbox sitzen, klopfe an das Fenster und der Mann kommt zur Tür, super! Schnell erkläre ich ihm die Situation und teile ihm den Namen der Station mit, wo unsere Kundin aussteigen möchte. Und dass sie im vordersten Wagen sitzt. Alles klar, ich bedanke mich bei dem Zugbegleiter, die Türen gehen zu und der Zug fährt ab.

Hat ja alles geklappt, gute Fahrt!

13:20 Uhr: Auf dem Weg ins Wochenende
Es ist Freitag und nach meiner Freimeldung in der Einsatzzentrale begebe ich mich ins Wochenende. An der Haltestelle Simon-Bolivar-Str. steige ich gut gelaunt in die Tram M5 und nehme Platz. Kurz danach vernehme ich eine Live-Ansage vom Fahrer der Tram: "Werte Fahrgäste, an alle die keinen Mund- und Nasenschutz tragen, weise ich darauf hin, dass im ÖPNV eine Maskenpflicht besteht. Allen Fahrgästen, die sich daranhalten, wünsche ich einen schönen Tag. Danke!“
Kaum war die Stimme verhallt, da hörte ich auch schon eine weibliche Stimme im Befehlston, die da sagte: „Haben sie das nicht gehört? Sie müssen eine Maske tragen!“ Zwei Sitzreihen vor mir sah ich zwei ältere Damen im Rentenalter sitzen. Auf der rechten Gangseite mit Mundschutz und auf der linken Seite ohne Mundschutz.
Die Dame ohne Maske erwiderte darauf ruhig, sie komme vom Wochenmarkt und habe dort ihre Maske beim Einkauf verloren. Zu Fuß mit dem Rollator wäre es etwas weit für sie, zumal es jetzt auch noch regnet. Antwort: "Das ist mir doch egal, sie müssen eine Maske tragen, sonst müssen sie aussteigen! Es ist meine Gesundheit.“
 

13:25 Uhr: Begleitservice auch außer Dienst
Gut, irgendwie hat die Dame ja Recht und bevor die Lage eskaliert, gehe ich auf die Streitenden zu, um zu helfen. Für unsere Kunden haben wir immer eine Ersatzmaske dabei. Denn ein Verlust oder eine Beschädigung der Maske ist immer möglich. Auch wenn es nicht meine Kundin ist, die ich begleite, so ist sie doch eine Kundin des VBB. Mit den Worten: "Einen schönen guten Tag! Ich arbeite für den VBB-Begleitservice und wurde Zeuge Ihres Gesprächs. Ich möchte Ihnen einen Mundschutz im Auftrag des VBB übergeben.“

Ich sah in große staunende Augen. "Danke für die Maske! Ich setze sie auch gleich auf. Dann muss ich auch nicht aussteigen!“ Auf die Frage, was sie mir schuldig sei, entgegnete ich, dass es sich um ein Geschenk vom VBB-Begleitservice handele.
 

13:25 Uhr: Eine neue Kundin
Dann begab ich mich wieder auf meinen Sitzplatz. Es verging kaum eine Minute, da fragte mich die nette Dame: "Darf ich ihnen eine Frage stellen?“ Ja gerne, Bitte! "Was ist denn ihre eigentliche Aufgabe? Sie fallen ja in ihrem roten Hemd auf!“ Ich erklärte ihr meine Aufgaben als Begleiter und übergab ihr dann ein Flyer mit allen Informationen über uns zum Nachlesen. Dann fuhren wir auch schon in die Haltestelle Alt-Hohenschönhausen ein. Beim Aussteigen half ich ihr noch mit ihrem Rollator. Sie steckte mir noch schnell 2 Euro in meine Brusttasche  mit den Worten: "Für Ihre Hilfsbereitschaft! Und ich werde mich bestimmt als Kunde bei Ihnen melden.“

Wieder ein zufriedener Fahrgast und den Betrag werde ich in die Pausenkasse packen. 20 Minuten später geht auch für mich eine erlebnisreiche Woche zu Ende. Aber zuvor werde ich für mein Tagebuch noch ein paar Notizen niederschreiben.

Begleitung am Wochenende
Als ich den Wochenendauftrag für den Samstag erhielt, ahnte ich noch nicht welchen emotionalen Eindruck dieser Tag bei mir hinterlassen würde. Es ging um die Begleitung einer Kundin im Rollstuhl zur Tochter, die in einem betreuten Wohnprojekt lebt, und wieder zurück.
 

12:40 Uhr: Dienstbeginn mit Fahrstuhl-Check
Am Samstag war für mich Dienstbeginn. Bei strahlendem Sonnenschein machte ich mich mit einem FFP2-Mund- und Nasenschutz auf dem Weg zur Kundin. Die Einsatzleitung bat ich nochmal, die aktuelle Verfügbarkeit der Fahrstühle auf meiner Route zu überprüfen. Denn eine Begleitung mit Rollstuhl setzt eine einhundertprozentige Barrierefreiheit voraus.
 

13:50 Uhr: Auftragsbeginn und Umplanung
Zur vereinbarten Zeit um 14:00 Uhr klingelte ich. Zur Begrüßung ging ich nochmal 3 Schritte zurück, setzte kurz meinen Mund- und Nasenschutz ab, unter Wahrung der 3-fachen Abstandsregel. Nach kurzer, aber freundlicher Begrüßung, setzte ich meine Schutzmaske wieder auf und sprach noch einmal alle Modalitäten der Begleitung mit der Kundin ab. Ich schlug ihr eine neue Fahrtroute vor, womit wir ca. 15 min. schneller am Ziel sind und nicht die Gefahr besteht, dass wir den Anschluss-Bus verpassen, der am Wochenende nur alle 20 Minuten fährt. Denn unsere Kundin hatte von der Heimleitung, aufgrund der Regelungen zur Pandemieeinschränkung, nur eine Besuchszeit von einer Stunde bei Ihrer Tochter erhalten. Dann überprüfte ich die Funktionstüchtigkeit des Rollstuhls und die Beleitung begann.
 

14:45 Uhr: Lang ersehntes Wiedersehen nach Kontaktsperre
Obwohl wir früher am Ziel waren, wartete die Tochter schon am weit geöffneten Fenster und rief vor Freude "Mutti - Mutti!". Die Kundin meldete sich am Empfang an und wurde informiert, dass gleich eine Mitarbeiterin der Heimleitung uns im Empfang nimmt und uns einweist. Was auch gleich geschah. Die Mutter wurde darauf hingewiesen, dass ein Besuch in den Räumlichkeiten des Wohnprojektes auf Grund der Corona-Einschränkungen noch nicht möglich sei. Auch der direkte Kontakt war nicht erlaubt und nur ein Besuch im Park war vorgesehen. Um 15:00 Uhr war es soweit. Mutter und Tochter sahen sich nach 10 Wochen(!) Besuchssperre wieder. Vor allem die Tochter konnte es kaum erwarten. Man hörte sie schon von weiten nach ihrer Mutter rufen. Ihre Schritte an der Hand einer Begleitperson wurden immer schneller. Diese Frau hatte die unangenehme Aufgabe, auf die Einhaltung der Sicherheitsregeln zu achten. So musste der Versuch der Tochter, ihre Mutter in die Arme zu nehmen, von ihr verhindert werden. Die Situation verlangte es so. Als ich mich bis zur Rückbegleitung verabschiedete, sah ich dennoch "Tränen der Freude" in den Augen von Mutter und Tochter.
 

16:00 Uhr: Aus dem Nähkästchen
Die Besuchszeit für Mutter und Tochter war viel zu schnell vergangen. Ich erhielt ein Zeichen für die Rückbegleitung. Ich bekam mit, dass die Begleitperson der Tochter erklärte, dass die Mutter jetzt wieder jede Woche kommen darf. Bei der Verabschiedung flossen der Tochter dicke Tränen über ihre Wangen und sie winkte uns noch lange nach, bis wir außer Sichtweite des Heimes waren. Auch ich musste kräftig schlucken. Diese Eindrücke machen einem sehr deutlich, wie schwierig es genau für diese Personengruppe ist, jenseits der Diskussionen um Entschleunigung und Wertewandel. Das hat mich schon sehr emotional berührt.

In meinem Gespräch mit der Mutter auf dem Weg nach Hause erzählte sie mir noch einiges. Es fiel und fällt ihr extrem schwer, sich nach der eigenen Erkrankung nicht mehr wie erforderlich um die Versorgung und Entwicklung ihrer geistig eingeschränkten Tochter kümmern zu können.
 

16:50 Uhr: Kundin möchte immer so (ver)fahren
Die Rücktour erfolgte problemlos und um 15:50 Uhr endete dann für mich dieser Auftrag. Die Kundin dankte mir und äußerte den Wunsch, in Zukunft immer diese Fahrtroute zu wählen. Diesem Wunsch werden wir natürlich entsprechen, wenn der aktuelle Fahrplan es zulässt.

Dieser Tag hat bei mir einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Besonders die Tränen in den Augen werden sich einprägen. Das ist einer dieser Tage, die die Tätigkeit als VBB-Bus-und-Bahn-Begleiter so interessant machen und in Erinnerung bleiben. Ein Ausbilder sagte mir einmal: "Ist der Kunde zufrieden, dürfen Sie es auch sein." Er wusste wovon er sprach, und er hatte Recht!

Ich hoffe, dass ich noch viele solcher Emotionen bei der Begleitung erleben darf.

Gestern Nachmittag, als ich mich an diesem schönen Frühlingstag von meinem Einsatz auf dem Heimweg befand, hörte ich plötzlich eine Stimme, die da rief: „Ach die roten Engel sind wieder unterwegs!“ Aber auf der Straße war weit und breit kein Passant zu sehen. Hatte ich geträumt?  Nein! Ich blieb stehen und die Stimme rief; „Hier oben!“

Da sah ich eine charmant lächelnde ältere Dame, Frau G., aus dem Fenster in der zweiten Etage schauen. Wir kennen uns von vielen Begleitungen. Sie erzählte mir, dass sie jetzt seit Weihnachten bei ihrer Tochter wohne. Ganz in der Nähe ihres Seniorentreffs, wo wir sie immer zum Rommé-Spielnachmittag hinbegleiteten. Nun könne sie die paar Meter alleine gehen. Klappt ganz gut mit dem Rollator ohne auf den Bus angewiesen zu sein. Leider ist auch diese Einrichtung wegen Corona geschlossen und sie und ihre Mitspieler warten schon sehnsüchtig auf die Wiedereröffnung.

Dann erzählte sie mir noch, dass sie den RBB-Beitrag über den VBB-Begleitservice und dessen Umwandlung angesichts der Corona-Maßnahmen gesehen habe, was sie sehr gut findet. Seit März unterstützt der VBB Bus & Bahn-Begleitservice weiter mobilitätseingeschränkte Fahrgäste, aber anders: Die Mitarbeiter realisieren statt persönlicher Begleitung notwendige Erledigungen. Frau G. fragte, ob ich den Beitrag auch gesehen habe? Ja, sagte ich und sogar aufgezeichnet. Ich sollte doch meiner Kollegin einen schönen Gruß ausrichten, sie hat die Kollegin H. im TV wiedererkannt. Sie wurde früher oft von ihr begleitet.

Wir wünschten uns noch einen schönen Tag und Gesundheit in dieser besonderen Zeit und so hatte ich wieder einmal einen guten Tag.

Ich danke Frau G. und die Grüße wurden übermittelt!

Unser neuer Einkaufsservice in Zeiten von Corona

Einen Tag vorher wurde ich über den Auftrag der Kundin informiert. Rudow gehört zum Bezirk Neukölln, wo ich wohne und in Zeiten von Corona jetzt mein hauptsächlicher Einsatzbereich, um so wenig wie möglich durch die Stadt zu fahren.


11:30 Uhr: Dicke Luft da draußen
Die Fahrt vom Hermannplatz bis zur Johannisthaler Chaussee dauert nur 10 Minuten. Die gefühlte Zeit ist jedoch länger. In diesen Zeiten will man ja nicht solange draußen unterwegs sein. Die Stimmung in der Bahn ist leicht angespannt, wen wundert’s? Von Johannisthaler Chaussee noch zwei Busstationen Richtung Osten, dort dann in die Einfamilienhaus-Siedlung.


12 Uhr: Nur das Beste für den Kater
Die Kundin steht schon am Zaun, an ihren Rollator gelehnt, und wir lächeln uns an, denn man/frau kennt sich durch die Begleitungen. Die letzte, von der Charité zu ihr, war vor einem guten Monat. Das waren noch Zeiten…

Die Kundin hat schon alles parat, wie Einkaufszettel, Geld und Einkaufsbeutel, einschließlich des Katzenfutters, welches ich doch bitte fotografieren soll, falls ich solch ein Handy hätte. Sie möchte einfach sichergehen, dass ich das richtige Katzenfutter mitbringe, denn ihr altes Katerchen isst nicht jede Sorte, nur eben diese Sorte „Ragout“. Ohlala! Gern tue ich ihr den Gefallen.


12.15 Uhr: Neue Verhältnisse im Supermarkt
Mit Geld, Einkaufszettel und Foto gehe ich dann los, zum Glück fahren zwei Buslinien von der Haltestelle ab. Ich warte 15 Minuten, da ja die Busse aktuell im 20 Minuten-Takt fahren.
Im Supermarkt bekomme ich alles, nur eben dieses, z. Zt. hoch im Kurs stehende Papier, nicht. Und auch nicht im gegenüberliegenden Markt. Dafür aber eine lautstarke Diskussion zwischen dem Sicherheitsmann des Marktes und einem Kunden wegen der neuen Regel, nur mit Einkaufswagen den Markt betreten zu dürfen. Der junge Security-Mann bleibt – zum Glück – sehr entspannt. Ich lobe ihn dafür.


13:15 Uhr: Happy End für Tier und Mensch
Als ich bei der Haltestelle der Kundin aussteige, entdecke ich einen kleinen Lebensmittelladen, und im Eingangsbereich Toilettenpapierpackungen. Ich frage nach dem Preis. Das Doppelte, was es sonst mit der Qualität kostet. Naja!

Ich bin bei der Kundin, erkläre ihr, dass für ihre Katze gesorgt ist, nur dass ich halt diesen einen Artikel nicht erhalten habe. Ich nenne ihr den Preis des kleinen Ladens und biete ihr an, nochmals kurz zur Hauptstraße vor zu gehen. Sie willigt ein, trotz des Wucherpreises.

Nun ist auch sie eingedeckt, und jeder hat, was er für die nächsten Tage braucht.

15:30 Uhr: Von Regen und anderen Hürden
Ein regnerischer Sonntagnachmittag. Eine Kundin mit Rollator möchte aus einem Café Nähe Platz der Luftbrücke/Tempelhof abgeholt, und nach Hause gebracht werden, nur eine U-Bahn Station entfernt. Bei unserem Service spielt es keine Rolle, wie weit der Weg mit den Öffis geht. Bei entsprechendem Wetter würde sie die 10 Minuten alleine laufen, sagt sie mir.

Doch allein „nur“ um aus dem Haus zu kommen scheitert sie trotz des Fahrstuhls an den vier Stufen im Hausflur. Und an den zwei Stufen vor dem Haus, um auf den Gehweg zu gelangen.  

Die Kundin hat sich, mit weit über 80 Jahren, vor einiger Zeit den rechten Arm gebrochen. Ihren Rollator kann sie daher nicht mehr selber heben oder tragen.
 

16 Uhr: Ein sonntägliches Treffen im Café
Bei unserem gemeinsamen Weg betont sie, wie froh, erleichtert und dankbar sie ist, dass es den Begleitservice gibt und sie ihn kostenfrei nutzen kann. Dies höre ich bei fast jeder Begleitung! Denn auch „meine“ Kundin könnte nicht mehr das Haus verlassen ohne Hilfe.

Und zu einem sonntäglichen Treffen mit einer Bekannten in einem Café schon gar nicht…

9 Uhr: Die Tram - Mein Liebling der Öffis
Heute Morgen, als ich losfuhr, war es dunkel und es regnete in Strömen. Nun, zwei Stunden später, in der Tram Richtung Hellersdorf, kommt die Sonne durch. Extra bestellt für die Neukundin! ;-) Es ist angenehm ruhig in der Tram – mein heimlicher Favorit der Öffis. Besonders im Sommer, denn es gibt funktionstüchtige Klimaanlagen.
 

12 Uhr: Probleme mit den Tatrazügen
Von der Kundin geht es mit nur einmal Umsteigen nach Schöneweide, nur mit der Tram, eine Stunde Fahrdauer. Für jemanden, der auf seinen Rollator angewiesen ist, ist diese Variante praktisch. Zudem ist in der Tram gut Platz, auch für Rollstuhlfahrer, Fahrräder und Kinderwägen – und alles gut ausgeschildert! Es gibt kaum hohe Schwellen oder große Stufen wie beim Bus. Außer noch bei den wenigen älteren Tatrazügen. Und die Linie 17, mit der wir nach Schöneweide wollen, ist so eine. Aber genau dafür bin ich ja da. Ich helfe der Kundin beim Ein- und Ausstieg. Manchmal weiß ich nicht, wer da angespannter ist. Ich, weil ich weiß wie anstrengend das für die Kunden sein kann. Oder meine jetzige Kundin, die hochkonzentriert ist und sich bereits 2 Stationen vor dem Ausstieg darauf vorbereitet.

Einen weiteren Fahrgast mit Gehhilfen beobachte ich. Er tut sich schwer beim Einsteigen. Für ihn sind die Treppen ohne Hilfe ein Hindernis, für jeden Rollstuhl oder Kinderwagen unmöglich. Da darf man den Fortschritt mit den neuen Tramzügen ruhig wortwörtlich nehmen.
 

13 Uhr: Unterwegs mit einer ehemaligen Sicherheitsinspektorin der Reichsbahn
Wir sind wie immer pünktlich vor Ort, diesmal für ein Termin beim Augenarzt. Da klar ist, dass es nicht länger dauert, werde ich diese Kundin auch zurückbegleiten. Ich gehe aus der Praxis und schaue mir die Umgebung an. Im Sommer such mir ein ruhiges, grünes Fleckchen und lese, oder schaue was die unmittelbare Umgebung so zu bieten hat. Mitunter kennen wir dann die Umgebung besser als unsere Kunden, und so entdecken sie manchmal auch neue Orte. Zurück in der Praxis ist die Kundin noch am Termine klären. Dann sind wir auch schon auf dem Rückweg, diesmal ohne Tatra und Stufen, denn jede zweite Bahn auf der Linie ist garantiert barrierefrei. Stattdessen unterhalten wir uns und die Kundin erzählt mir aus ihrer Vita: Von der Reinigungskraft zur Zugschaffnerin und Zugführerin, Studium zur Ingenieurin und zum Schluss Sicherheitsinspektorin der damaligen Reichsbahn. So was nennt man Karriere!

Als ich die Kundin in ihre Seniorenwohnstätte begleite, denke ich: Alle Achtung, was diese Generation alles stemmte und stemmen musste! Gut, dass ich mit meiner Arbeit meinen Anteil beitragen kann, sie heute zu unterstützen.

10:00 Uhr: Planung mit Hindernissen
Es ist Sonntag und ich habe Wochenenddienst. Die Stadt fühlt sich halb leer an, vormittags um 10 Uhr.

Außer der Kälte machen sich die vielen Verkehrseinschränkungen, gerade am Wochenende auch in unserer Arbeit bemerkbar: Grüne Woche, Trecker-Demos, und heute ein wichtiges Fußballspiel und hoher Staatsbesuch! Meine heutige Kundin wohnt am oberen Ende des Ku’damms und möchte mit mir und ihrem Rollator in den Süden von Berlin. Ihr Kundenwunsch beinhaltet genau die Busse, die heute aufgrund der vielen Veranstaltungen leider unregelmäßig, nur Teilstrecken oder gar nicht fahren.
 

10:15 Uhr: Einfach auf die Schiene wechseln
Doch ich bin gut vorbereitet mit eigener Route: Zum Glück können wir ja auf S- und U-Bahn ausweichen! Nun warte ich auf die Ringbahn. Von der wurde heute früh im Radio gemeldet, dass aufgrund von Personen auf den Gleisen (was machen die da???)  mit Verspätungen und Ausfällen gerechnet werden muss. Auch das noch! Doch da kommt meine S-Bahn: pünktlich – super!
 

11:00 Uhr: Ein Fahrstuhl-Check lohnt sich
Nun bin ich gespannt, ob die Kundin meinen Vorschlag annimmt… Einige Erläuterungen und Erklärungen später haben wir einen Kompromiss für unsere Fahrstrecke abgesprochen. Denn auch die Fahrstühle bei den Umsteigebahnhöfen müssen funktionieren, darauf ist diese Kundin angewiesen. Heute früh habe ich die aktuellen Fahrstuhlstörungen nochmal gecheckt. Großartig: Alle Fahrstühle sind in Ordnung. Auch unsere Züge und Busse sind pünktlich, sodass meine Kundin zufrieden und sicher bei ihrem Sonntagsbesuch ankommt.

Ein Hoch auf die Öffis und ihre Mitarbeiter|innen!

09:00 Uhr: Erstmal ausschlafen
Heute habe ich Spätschicht. Für mich eine gute Gelegenheit, mal wieder auszuschlafen oder entspannt am Vormittag Dinge zu erledigen. Dazu kann ich mich sonst nach der Arbeit nicht immer aufraffen.
 

18:00 Uhr: Mit dem Bus zur Gesangsstunde
Ich hole eine mir schon bekannte Kundin im Märkischen Viertel ab: eine junge Frau mit leichter Spastik. Sie ist unsicher beim Laufen und eingeschränkt beim Sehen. Nichtsdestotrotz steht der Termin freitagabends: ihre Gesangsgruppe in einer Musikschule im Wedding. Und da wir ja bis 22 Uhr unterwegs sind, nutzt Sie unseren VBB Bus & Bahn-Begleitservice, wenn Sie das Gefühl hat, Unterstützung wäre gut. Ich hole sie um 18 Uhr ab, damit wir entspannt (mit einem X- und einem 20-Minuten Bus) pünktlich 10 Minuten vor 19 Uhr da sind.
 

19:00 Uhr: Ein Konzert nur für mich!
Bald will die Gruppe meiner Kundin auftreten. In dem Musiksaal, in dem sie proben, bin ich das einzige Publikum. Dafür sitzen und stehen ca. 20 Leute auf der Bühne – lustig! Nun, so komme auch ich mal wieder zu Kultur und Weltmusik. Und wenn so viele Menschen singen, unterstützt von Saz und Trommel, hat das was Erhabenes, keine Frage.

Nach gut einer Stunde ist die Zeit vorbei. Leicht beschwingt hakt sich meine fröhlich summende Kundin bei mir ein und wir schlendern zum Bus. Dort machen wir uns auf den Heimweg zu ihrer Familie. Ein schönes Gefühl, Menschen mit meiner Arbeit ihre Freizeitbeschäftigung mit zu ermöglichen!

Zufrieden fahre ich durch den Abend nach Hause.

09:00 Uhr: Warum wir pünktlich kommen
Jetzt geht es nach Steglitz - Nähe Insulaner. Dort hole ich einen seheingeschränkten Kunden ab, der zum ABSV möchte, ganz in der Nähe vom S-Bahnhof Grunewald. Mit dem Allgemeinen Blinden- und Sehbehinderten Verband (ABSV) arbeiten wir seit Anbeginn unseres Dienstes zusammen und werden von ihm auch weiterempfohlen an Menschen, die auf Grund einer Seheinschränkung eine unterstützende Begleitung benötigen.

Zur vereinbarten Abholzeit klingle ich, nicht früher und auch nicht später. So versuchen wir Stress bei den Kunden zu vermeiden, denn wenn ich 10 Minuten vor der vereinbarten Abholzeit klingele, kann es sein, dass mein Kunde unter Zeitdruck gerät. Unser Mobilitätstrainer, selbst spät erblindet und alleine wohnend, hat uns das in der Qualifizierung mal erklärt. „Wenn ich um 8 Uhr das Haus verlassen will, klingelt bei mir der Wecker um 5:00 Uhr. Alles muss seine Ordnung haben und an seinem Platz liegen. Es reicht schon, wenn die Assistenz am Vortag die Unterlagen nicht genau an den vereinbarten Platz auf dem Schreibtisch gelegt hat und ich fange an, zu suchen und taste mich auf dem Schreibtisch durch. Zeit, die mir in meiner Vorbereitung, das Haus zu verlassen verloren geht. Und wenn dann der Begleitservice 10 Minuten früher als vereinbart klingelt, kann es sein, dass ich unter Zeitdruck gerate.“ Also je eindeutiger wir auf die Zeit achten, um so verbindlicher sind wir den Kunden gegenüber.
 

09:15 Uhr: Wir ändern die Planung und bleiben entspannt
Unsere vorgeschlagene Route beinhaltet eine reine S-Bahn Fahrt mit einmaligem Umsteigen. Er möchte jedoch lieber mit dem Bus fahren, der (fast) vor seiner Haustür hält. Seine eigene Route mit einmal Umsteigen in Steglitz dauert genauso lange wie unsere empfohlene Route. Natürlich fahren wir mit „seinem“ Bus und da er nicht so voll ist, können wir die Fahrt genießen und uns über unseren Service und die Wohnungssituation in Berlin unterhalten. Und da wir 10 Minuten vor seinem Termin am Ziel sind – wie es mit uns üblich ist – können wir noch ganz entspannt gewisse Örtlichkeiten im ABSV aufsuchen…

Wie vom Kunden gewünscht, habe ich die Busverbindung notiert und leite diesen an unsere Einsatzleitung weiter, damit der Kunde und die nächste Begleitung nächstes Mal wissen, wie und wo es langgeht. Wir vom VBB-Begleitservice sind flexibel und gehen selbstverständlich auf die Wünsche unserer Kunden ein. Denn wer möchte sich schon vorschreiben lassen, nur weil man nicht gut sehen kann, wie man zu fahren hat?

10:15 Uhr: Herzlicher Empfang in der Einrichtung für Betreutes Wohnen
Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag und ich habe mich freiwillig zum heutigen Sonder-Dienst bereit erklärt. Ich bin am Bahnhof Parchimer Allee. In der Nähe soll eine Kundin abgeholt werden. Es sind noch gut 10 Minuten zu Fuß bis zur Einrichtung für Betreutes Wohnen, einem Haus in dem Menschen wohnen, die je nach Lebenssituation selbständig wohnen und professionelle Unterstützung für die Alltagsbewältigung benötigen.

Als ich das Gebäude erreiche, hallt mir der Ruf „fröhliche Weihnachten!“ zwei Balkone über mir entgegen, den ich freundlich erwidere. „Sie ist gleich da!“ sagt der junge Mann… wohl auch ein Bewohner des Hauses. Fünf Minuten später erscheint meine Kundin im Eingangsbereich und drückt mir das Fahrgeld für die Anschlussfahrscheine in die Hand. Das war prompt - Dankeschön! Den C-Bereich befahren wir nur selten, da er nicht zu Berlin gehört, was unser Einsatzort ist und wofür wir auch Dienstfahrausweise haben. In einem solchen Ausnahmefall übernehmen die Kunden die Kosten für den dann anfallenden Anschlussfahrausweis.
 

11:30 Uhr: Der Weg hat sich gelohnt
Und Abmarsch! Bis zur nahe gelegenen Bushaltestelle, 15 Minuten später in die U7 bis zur Johannisthaler Chaussee. Dort in den X11 (toller Bus, hält nur an den „wichtigsten“ Haltestellen!) bis zur S-Bahnstation Buckower Chaussee in 10 Minuten. Die Kundin ist recht eigenständig: nur beim Ein- und Aussteigen und der Treppenbenutzung teilt sie mir mit, dass und wie sie meine Hilfe benötigt. Die meinerseits angebotene und mögliche Unterstützung spreche ich grundsätzlich immer zum Beginn jeder Begleitung vorher mit den Kunden ab. Nach knapp einer Stunde Fahr- und Fußweg und einigen notwendigen Verschnaufpausen sind wir bei ihrer Schwester, die uns mit einem Lächeln empfängt. Jetzt beginnt auch hier Weihnachten.


14:30 Uhr: Pralinen und ein Dankeschön als Wegzehrung
Drei Stunden später bin ich wieder vor der Tür. Und während sich „meine“ Kundin im Flur startklar macht, drückt mir ihre Schwester eine kleine Schachtel Pralinen als Dankeschön in die Hand. Nun habe ich ein breites Lächeln im Gesicht. Und die Familie im Hintergrund wünscht uns eine gute Heimfahrt, die wir auch haben. Ob diese Tour von Britz nach Mahlow mit einer Stunde Autofahrt auch so geklappt hätte?

08:15 Uhr: Teamwork makes the dream work
Heute muss ich nach Karow, in Pankow. Von der dortigen Hundeschule hole ich eine blinde Kundin mit Führhund vom Training ab und begleite sie wieder nach Hause ins Umland. Unser gemeinsames Ziel: Potsdamer Platz mit dem Regio RE3. Morgens hat mir eine liebe Kollegin noch das aktuelle Gleis für die Abfahrt rausgesucht. Somit bin ich mit allen notwendigen Informationen ausgestattet und kann mich dann voll auf die Begleitung meiner Kundin konzentrieren.


08:45 Uhr: Auf dem Weg
Auf dem Weg nach Karow habe ich noch schnell mit dem Kollegen, der die Kundin vormittags hinbrachte, telefoniert zwecks genauer Wegbeschreibung zur Abholung. Der Stadtplanausschnitt des Auftrags verrät nicht immer alles, denn vor Ort sieht's oft anders aus.
 

09:15 Uhr:  Auf Irrwegen
Und so war es auch: Waldwege sind meist nicht optimal ausgeschildert, besonders nicht am Stadtrand, Waldwege eben… Wo ist meine Kundin? Ich finde die Hundeschule, doch nirgends ist ein Mensch oder ein Hund zusehen!?! Mir wird heiß und die Zeit rennt...! Also Anruf in der Einsatzleitung, die kontaktieren die Kundin und schon kommt mir die Hundetrainerin entgegen. Genial! Und dank dem geplanten Zeitpuffer in unserer Route konnte ich die Kundin samt Führhund pünktlich zu ihrem Zug am Potsdamer Platz Richtung Lutherstadt Wittenberge bringen.

Gute Fahrt!

8:30 Uhr: Arbeitsbeginn
Ich bin in unserer Zentrale, Wedding. Wir haben ungefähr eine halbe Stunde Vorbereitungszeit, um unsere Aufträge des Tages anzusehen. Dabei schaut jede/r von uns nochmal, ob sich auch kein Fehler eingeschlichen hat, vor allem um bei eventuellen Fahrstuhlstörungen u.ä. eine neue Route mit Hilfe der Kollegen des Innendienstes auszuarbeiten.


8:45 Uhr: Anruf einer Arztpraxis
Meine Kundin ist schon bereit zum Abholen, angegeben war 9:45 Uhr! Also los!
Ich bin um 9:30 Uhr vor Ort, Tempelhof. Die Kundin freut sich, wir hatten schon mal das Vergnügen miteinander. Langsam zieht sie sich hoch an ihrem Rollator mit hohen Armstützen. Sie hat starke Schmerzen, überall. Man sieht es ihr an.
Langsam und bedacht geht's zur U-Bahn, der Fahrstuhl funktioniert - gut. In Alt-Mariendorf leider nur einer von zweien. Nun trage ich ihren Rollator und sie zieht sich langsam aber sicher am Handlauf der Treppe hoch. Denn die Rolltreppe ist ihr nichts. Oben auf der Kreuzung sieht uns der Fahrer unseres Busses anschleichen. Aufgrund meines Handzeichens wartet er auf uns - Danke, guter Mann!  Habe mir die Busnummer gemerkt um die tolle Erfahrung über die Einsatzleitung an die BVG weiterzugeben. 20 Minuten später sind wir in Lichtenrade, Stadtrand, und die Kundin ist wieder Zuhause.

Auf zum S-Bahnhof, ich brauche jetzt die S2, in ca. zwei Stunden werde ich in Karow erwartet.

Über dieses Tagebuch

Der VBB Begleitservice, eine Arbeit, die mitunter schon echt herausfordernd ist, denn wer kennt nicht die Situation in vollen Bussen und Bahnen? Und dann kommen wir, z.B. mit einer blinden Kundin und bitten andere Fahrgäste für unsere Kundin aufzustehen. Klar freut sich da niemand drüber, aber fast immer bekommen wir das gleich geregelt. Oft müssen wir auch überhaupt nichts sagen und uns wird ein Platz direkt angeboten.

Es gibt auch andere Situationen, aber letztendlich organisieren wir gemeinsam mit den anderen Fahrgästen einen Sitzplatz, wenn er für unsere Kunden notwendig ist. Für uns ist es nicht wichtig, was der Anlass der Fahrt ist, ob nun zum Friseur, zur Bank, zum Vorstellunggespräch oder zur Physiotherapie. Auf alle Fälle kommen wir viel in der Stadt rum. Und wer vorher nicht aus seinem Kiez rausgekommen ist, erlebt die Stadt und Ihre Menschen ganz neu. Und spätestens dann, wenn Sie einen Kunden begleiten, der sich dank Ihrer Begleitung nicht mehr von den Kindern abholen lassen muss, um sie zu treffen, sondern mit Ihrer Unterstützung einfach wieder mal selbständig von zu Hause losgeht und mit dem Bus zur Familienfeier fährt, spätestens dann werden Sie verstehen, warum diese Arbeit mehr ist als ein Job und was sie für unsere Kunden bedeutet.

Vielleicht überlegen Sie ja auch, unsere Dienstleistung in Anspruch zu nehmen. Oder Sie würden gerne bei uns arbeiten, oder wollten schon immer mal wissen, was die mit den roten Jacken so genau machen. Dann erhalten Sie ab jetzt hier ab und zu einen Einblick in unseren Arbeitsalltag.

Was bietet der Begleitservice noch?

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